DİE GESCHİCHTE VON ELİF
Elif kam an einem kalten Wintertag zur Welt. Als die Hebamme Döndü, die bei der Geburt der meisten Frauen in der Stadt half, die gute Nachricht überbrachte, freute sich der Vater Mustafa nach zwei Söhnen eine Tochter bekommen zu haben.
Dieser Winter war in Takmak (Esme) sehr hart.”Ich hoffe, wir erkälten das Baby nicht”, sagte Mustafa. Der Schneesturm draußen tobte in übermaßen. Nachbarn drängten sich vor der Tür. Alle wollten Mustafa gratulieren. Er machte sich Sorgen um Ayse. Ayse hatte es bei den ersten beiden Geburten sehr schwer gehabt und konnte sich tagelang nicht erholen. Mustafa trat in Ayse’s Zimmer ein. Ihr Gesicht zeigte einen gequälten Ausdruck. Ihr Gesicht war angestrengt, aber hatte auch ein Lächeln. Er bückte sich langsam. “Ayse, wie geht es dir?” sagte er. Sie nickte mit dem Kopf und sagte es ginge ihr gut. Sie war erleichtert, als sie Mustafa sah. Mustafa seufzte tief auf. Seine Besorgnisse waren verschwunden. Ein tiefer Seelenfrieden und Glücksgefühl erfüllte seinen ganzen Körper. Er fühlte etwas warmes an seinem Gesicht. Die Hebamme drehte sich um und legte Elif in seine Arme. Mustafa sah seine Tochter und Frau an. Er war glücklich und dankbar. Er hatte immer davon geträumt, seine Tochter nach seiner Mutter zu benennen, die er in jungen Jahren verloren hatte. Was für ein glücklicher Tag für Mustafa. Er kam vor lauter Glück nicht zur Ruhe. Er las den Aufruf zum Gebet in das Ohr seiner Tochter und flüsterte den Namen „Elif“. Er bückte sich, bevor er seine Tochter losließ und küsste Ayses Stirn. Die Freude und Erleichterung zeigte sich auch bei Ayse im Gesicht. Er gab das Baby der Hebamme und ging aus dem Haus. Er holte tief Luft und sagte,”Oh, Gott, Dank sei dir.”
Tage, Monate und Jahre vergingen und Elif wuchs zu einem hübschen Mädchen heran. Dunkle Wolken fielen über das Land. Es wurde immer schwieriger, in der Stadt zurechtzukommen. Die meisten Männer, die auf dem Feld arbeiteten, waren in den Krieg gezogen. Während Elif im Garten spielte, sah sie wie Soldaten zum Nachbarshaus von Tante Fatma schritten. Einige Zeit später, kamen Schreie aus dem Haus. Nachbarn rannten auf das Haus zu. Menschen versammelten sich vorm dem Haus. Elif konnte nicht verstehen, was los war. Die Frauen weinten. Sie hörte der Unterhaltung zu; Tante Fatmas Sohn İbraam war gefallen. Elif sah einen Nachbarn der dort herumlief und fragte ihn, was ein Märtyrer sei. Der Nachbar sah sie auf seltsame Weise an und sagte Gefühlslos, ” tot.” Es schien ihr, als wäre sie in eine Leere gefallen. Würde sie Ibraam ihren geliebten Nachbarn nicht mehr sehen können. Den, den sie so sehr liebte? Elif war sehr erschüttert. Sie rannte nach Hause, setzte sich in eine Ecke und fing an zu weinen. Furchtsame Dinge kamen ihr in den Sinn. Ihre beiden Brüder waren in den Krieg gezogen. Die Stadt war wie verlassen, nachdem die meisten jungen Männer sich der Armee angeschlossen hatten.
Elif hörte ihre Mutter nicht kommen. “Mädchen was tust du hier?” Mit der Stimme der Mutter kam Elif zur besinnung und sah sie an. Beide starrten sich schweigend an. Nach einer kurzen Weile konnte Elif die Stille im Raum nicht mehr ertragen und rannte auf ihre Mutter zu und umarmte sie. Beide fingen schluchzend an zu weinen.
In den nachfolgenden Tagen trafen, einer nachdem andern, Nachrichten über die im Krieg gefallenen Soldaten ein. Jeder Dorfbewohner wurde unruhig und besorgt. Elif fragte sich, “werden wir ebenfalls so eine schlimme Nachricht erhalten?” Tage vergingen in furchtsamer Zeit. Eines Tages wurde im Radio die Nachricht übermittelt; wir wurden im Krieg besiegt. Kurz darauf kam eine weitere Nachricht; unsere Armee wurde demobilisiert. Nach Tagen und Monaten voller Sorge, kehrten unsere Veteranen und Überlebenden zurück. Der Krieg hatte sehr harte Spuren hinterlassen.
Aber das türkische Leiden endete hier nicht. Die vor Jahrhunderten aus Zentralasien gekommenen und mit den Türken lebenden, wollten die Türken aus ihrer Heimat vertreiben. Aller Welt, hatte ein Auge auf unser Land geworfen gehabt. Die Entente-Staaten hatten beschlossen, in Anatolien einzudringen. Für diese Aufgabe wurden die Griechen, die ein Auge auf Anatolien geworfen hatten, benutzt. Sie trieben die Griechen an die Front.
Dunkle Nachrichten erreichten Takmak genauso schnell wie Anatolien. Der griechische Eindringling besetzte Izmir, und Hasan Tahsin, der die erste Kugel abgefeuert hatte, wurde dabei gemartert. Die schlechten Nachrichten kamen nacheinander. Die Griechen näherten sich Takmak. Schließlich besetzten sie Tamak und bauten ihre Zelte gegenüber dem Bahnhof auf. Die Kinder verstanden nicht, was los war. Die Ältesten waren sehr besorgt. İn der Zwischenzeit war Elif zu einer wunderschönen Frau aufgewachsen. Yorgi, einer der griechischen Soldaten, hatte ein Auge auf Elif geworfen. Wann immer er die Gelegenheit bekam, sagte er, “Dies ist jetzt griechisches Land und ich werde dich bekommen”. In der Zwischenzeit überfielen unsere Nationalen Streitkräfte das griechische Bataillon und viele griechische Soldaten wurden getötet. Es gab auch Märtyrer unter den Türken, wie Ali Bey, der Befehlshaber der Armee. Yorgi überlebte den Angriff. Ein neues griechisches Kontingent war eingetroffen. Hiermit wurden die Griechen noch grausamer. Yorgi führte die Neuankömmlinge, weil er die Umgebung kannte. Er bewegte sich bequemer als je zuvor. In Takmak konnten die Menschen ihre Häuser nicht einmal für die Toilette draußen verlassen. Sie sahen ihre Bedürfnisse in ihren Häusern in Dosen, gefüllt mit Erde. Die Unterdrückungen und Grausamkeiten erreichten ihren Höhepunkt. Aber unter alledem kamen gute Nachrichten von der Front, dem türkischen Militär und Mustafa Kemal Pascha. In Sakarya wurde ein Sieg errungen und der Grieche besiegt. Leider hatte die Nachricht vom Sieg die griechische Unterdrückung noch mehr verstärkt. Die Mobilisierung wurde im Land erklärt. Alle sammelten heimlich alles was sie auffinden konnten und schickten diese nach Ankara, ohne dass die Griechen es bemerkte. Nachrichten von der Front wurden mit Hoffnung erwartet.
Bevor die erwarteten Nachrichten eintrafen, begann die endgültige Vernichtung durch die Griechen. Überall begannen griechische Vernichtungsbataillone alles niederzubrennen. Viele von uns flohen. Diejenigen, die versuchten, ihr Haus zu löschen, wurden erschossen. Die meisten Nachbarn starben. Überall verbreitete sich ein strenger Geruch, den Elif noch nie zuvor wahrgenommen hatte. Es war eine Mischung aus verbranntem Fleisch und Rauch. Während sie auf ihr brennendes Haus sah, klammerte sich eine Hand an Elifs Arm und fing an, sie mit Gewalt weg zu zerren. Sie verstand nicht was passierte. Elif versuchte sich zu wehren. Sie sah sich mit hilfesuchenden Augen um, konnte jedoch niemanden sehen. Yorgi schleppte Elif in einen Zug. Zwei Wachen wurden beauftragt sie zu bewachen. Griechische Soldaten stiegen schnell in den Zug und der Zug fuhr los. Elifs Augen trockneten vom Weinen aus. Woran sie sich erinnerte, waren die Ruinen, die sie während der fahrt sah. Rauch, der von überall aufstieg. Der Zug erreichte die Stadt İzmir, welche sie zuvor nicht gesehen hatte. Während der fahrt sprach sie kein Wort. Auch aß sie nichts von dem Essen, was Yorgi ihr brachte. Sie kamen massenhaft in Militärfahrzeugen am Hafen an. Sie sah das Meer zum ersten Mal in ihrem Leben. Überall herrschte reges Treiben. Sie stiegen auf das Schiff. Diesmal saß Yorgi neben ihr. Elif schlief vor Erschöpfung ein. Als sie die Augen öffnete, näherten sie sich einem anderen Hafen. Die Niederlage der Griechen, war auf dem Schiff zu spüren. Fast niemand sprach. Yorgi sagte, sie seien in Thessaloniki angekommen. Diesmal herrschte keine Hektik. Sie stiegen langsam vom Schiff.
Bevor Yorgi zur Garnison ging, brachte er Elif zu seiner Mutter Sofi. Yorgi sprach tagelang auf Elif ein und sagte, dass sie nicht mehr zurückkehren würde und sie heiraten werden. In Thessaloniki ging das Leben weiter, wenn auch hart. Elif und Yorgi wurden in der Kirche getraut. Yorgi bekam einen Job in einer Werkstatt. Sie bekamen drei Kinder. Elif betrachtete ihre Kinder als griechische Nachkommen und konnte diese Situation überhaupt nicht akzeptieren. Sie war entschlossen, eines Tages in ihre Heimatstadt zurückzukehren. Eines ihrer Kinder starb. Eines Tages passierte ein interessanter Vorfall. Während sie im Hafen umherwanderte, hörte sie jemanden Türkisch sprechen und näherte sich ihm. Diese Person war ein Türke namens Yaşar, der Kapitän eines der Schiffe im Hafen. Einmal im Monat brachte er Waren aus Istanbul. Nachdem sie den Kapitän mehrmals gesehen hatte, entschied sie sich ihn anzusprechen und ihre Geschichte zu erzählen. Sie berichtete ihm, sie sei gewaltsam nach Griechenland gebracht worden. Der Kapitän hatte Mitleid mit ihr und versprach, Elif aus Griechenland zu entführen. Die Entführung sollte einen Monat später stattfinden. Elif war bis zum Tag der Flucht aus Griechenland nervös und aufgeregt. Die Zeit war endlich gekommen. Am genannten Tag verließ sie das Haus mit einer Ausrede. Aber die Kinder folgten ihr, als ob sie die Flucht ihrer Mutter geahnt hätten. Elif wollte auch wenn es ihr schwer fiel, ihre Kinder griechischer Abstammung, in ihre Heimat nicht mitnehmen. Als das Schiff den Hafen verließ, wartete sie eine Weile und warf ihre Kinder ins Meer. Beide Kinder ertranken. Als sich das Schiff Istanbul näherte, empfand Elif sowohl Schmerz als auch Freude. Jetzt war sie aus der Gefangenschaft befreit, erreichte ihre Heimatstadt und hinterließ alle Erinnerung zurück.
Elif kam eines Nachmittags in Esme an. Was ist das, hier hatte sich alles verändert. Das Dorf Takmak zog nach Elvanlar und nahm den Namen Esme an. Als sie zuhause ankam, benahm sich jeder seltsam. Sie fühlte sich wie eine Fremde in ihrer Heimatstadt. Als die Leute sie sahen, wandten sie sich ab, als würde sie nicht zu existieren. Wenn sie sich von ihnen entfernte, begannen sie hinter ihrem Rücken mit Gerüchten über sie zu lästern. Auch ihre Familie zuhause, wollten nicht mit ihr reden. Sie schien verrückt zu werden. Was war passiert? Sie konnte es nicht ertragen und ging zu ihrer Freundin Ayse aus Kindertagen. Auch Ayse wollte nicht mit ihr reden. Sie drängte sie. „Was ist los, Ayse? Bitte sag es mir! “Ayse antwortete ihr: „Liebes, jeder sieht dich als unmoralisch und glaubt, dass du mit deinem eigenen Willen gegangen bist. Es wird sehr schwierig für dich sein, die Menschen hier vom Gegenteil zu überzeugen”. Nach diesen Worten, zog Elif sich vollständig zurück. Sie war vollkommen alleine. Es gab jetzt nur noch eine Lösung.
Elif ging in die Scheune des Hauses. Sie beendete ihr Leben mit einem Strick, begleitet mit den letzten Worten, “Gott vergib mir”. Ihr Schmerzvolles Leben bendete sie mit einem bitteren Ende, dem Selbstmord durch erhängen.
Daraufhin kam das folgende Volkslied zustande:
Das Ei hat keinen Griff,
In meinen Augen ist kein Schlaf,
Führe kapitän das Schiff,
Ich habe vor niemandem Angst.
Ich warf einen Apfel ins Meer
Und kommt schwimmend auf mich zu,
Mutter wirf uns nicht ins Meer,
Bring uns zu unserem türkischen Großvater,
Traube von Athen,
Ich konnte mein Versprechen nicht halten,
Während meine zwei Kinder gingen,
Schloß ich meine Augen.
Der britische Imperialismus und seine Subunternehmer die Griechen löschten Familien aus und hinterließen viele gebrochene Herzen. Während unser Land mit dem Imperialismus zusammenarbeitet und diejenigen die mit ihnen arbeiten unterstützen, dürfen wir nicht vergessen, was unsere Vorfahren durchlebt haben. Dies sind wir unseren Märtyrern und Veteranen schuldig.
(Für die Übersetzung ins deutsche bedanke ich mich rechtherzlich bei Hülya Turna)
Dr. Burhanettin Şenli
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